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Laudatio

 von Karl Kommissari, ABB AG, Zürich

Beitrag: „GOBau – Gesamtheitliche Optimierung von Baukosten

Eingereicht von: IBF Ingenieurbüro Fritsch

 „Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann.“ Dieser Satz von Francis Picabia bringt eine scheinbare Selbstverständlichkeit zum Ausdruck. Denn natürlich sind wir andauernd auf der Suche nach neuen Lösungen – weil sich auch die Welt um uns herum ständig und immer schneller verändert. Aber viele Reaktionen auf diese Veränderungen sind Insellösungen: Sie drehen an einzelnen Rädchen und beachten dabei nicht, wie sich dieses Drehen an anderen Stellen auswirkt.

 Hier zeigt sich die Stärke des Beitrags „GOBau – Gesamtheitliche Optimierung von Baukosten“, den das Ingenieurbüro Fritsch eingereicht hat. Dieser Beitrag hat die Jury überzeugt, weil er das Prinzip der Lebenszyklusbetrachtung von Gebäuden konsequent einsetzt, um eine Optimierung der Baukosten zu erreichen. Ich möchte drei Aspekte hervorheben, die den Ansatz dieses Preisträgers bemerkenswert machen:

 1.       GOBau denkt über den Tellerrand hinaus:

 Mit GOBau lassen sich die wesentlichen Informationen über ein Gebäude umfassend und strukturiert zusammenfassen – von der Beschreibung und Bewertung einzelner Gebäude bis zu Wartungsleistungen. Dabei wird das ganze Gebäude in allen Lebenszyklusphasen einbezogen. Statt ein enges Kästchendenken zu praktizieren, werden alle relevanten Daten systematisch erfasst und ausgewertet – davon profitieren Bauherren, Investoren, Planer, Verwalter und Nutzer eines Gebäudes.

2.       GOBau denkt im Zusammenhang:

 Bereits nach etwa sieben bis acht Jahren Nutzungsdauer werden die Erstellungskosten eines Gebäudes von den Betriebskosten überholt. Es ist paradox: In den frühen Lebenszyklusphasen eines Gebäudes können die künftigen Betriebskosten noch in hohem Maße beeinflusst werden. Hier besteht daher auch ein besonders großes Optimierungspotenzial. Später dagegen sinkt diese Beeinflussbarkeit dramatisch. Dennoch wird dieser Zusammenhang noch zu wenig beachtet. GOBau liefert hier ein Werkzeug, um zum Beispiel durch Betriebssimulationen verschiedene Alternativen gegeneinander abwägen zu können. Damit lassen sich künftige Betriebskosten abschätzen und bei Planungsentscheidungen berücksichtigen. Denn man sollte möglichst genau wissen, was man tut, bevor man Fakten schafft.

 3.       GOBau denkt in die Zukunft:

 Die Zeitspanne, die wir als Gegenwart erleben, wird zusehends kürzer. Der Philosoph Hermann Lübbe hat das anschaulich als „Gegenwartsschrumpfung“ bezeichnet. Damit wird auch das Zeitfenster kleiner, in dem Gewissheiten als Gewissheiten gelten. Was heißt das nun für eine Immobilie? Wir planen und bauen heute Gebäude für künftige Generationen, deren Anforderungen und Ansprüche an eine Immobilie wir nicht kennen. Das hat weitreichende Konsequenzen: Die Flexibilität, mit der ein Gebäude auf Nutzungsänderungen reagieren kann, wird zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor. Wo heute ein Verlag seine Büroräume hat, ist morgen vielleicht ein Call-Center untergebracht. Solche Umnutzungen muss ein modernes Gebäude möglich machen. Und es ist entscheidend, im Gebäudemanagement zeitnah und flexibel auf Nutzungsänderungen zu reagieren. GOBau geht hier den richtigen Weg: Es bietet die Möglichkeiten, die Kosten regelmäßig aktualisiert zu erfassen und den Gebäudebetrieb auf dieser Grundlage – auch bei kleineren Nutzungsänderungen – kontinuierlich zu optimieren.

 All das bedeutet nicht, sich von der Planung zu verabschieden – ganz im Gegenteil: Es lohnt sich, hier Zeit und Kompetenz zu investieren, um zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln und Kosten nicht auf künftige Generationen abzuwälzen. Es lohnt sich vor allem, sämtliche Phasen im Leben eines Gebäudes als miteinander verbundene Glieder einer einzigen Lebenszyklus-Kette zu betrachten. Für ein ganzes Gebäudeleben planen: Das heißt, über den Tellerrand hinaus zu denken, im Zusammenhang und in die Zukunft zu denken. Es heißt vor allem, immer wieder neu nachzudenken – und dabei von Zeit zu Zeit die Richtung zu ändern.

Karl Kommissari

 

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