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aus IMMOBILEN MANAGER Heft 5/2001

Die Kosten lebenslang im Griff

In der Planungs- und Entwurfsphase werden die Bauerstellungskosten exakt beziffert. Die Aufwendungen für den späteren Betrieb dagegen werden weitaus ungenauer dargestellt - obwohl sie ein Vielfaches der Investitionskosten ausmachen können.

von Marianne Schulze

Die Tatsachen sind bekannt: Je nach Art des Objekts können die Nutzungskosten bereits nach zehn Jahren die gleiche Höhe erreicht haben wie die Bauinvestitionskosten. Und nach weiteren zehn Jahren beträgt ihr Anteil an den Gesamtkosten rund 70 Prozent, in extremen Fällen auch bis zu 90 Prozent. Dennoch beschränkt man sich vielfach darauf, nur die Investitionskosten exakt zu beziffern und einem fortlaufenden Controlling zu unterziehen. Die Kosten, die im gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes von der Erstellung über den Betrieb, Reinigung, Wartung und Instandsetzung bis hin zu Demontage und Rückbau entstehen, werden dagegen nur selten prognostiziert, aktualisiert, verfolgt oder gar optimiert. Um diesem Manko zu begegnen, hat das IBF IngenieurBüro Dipl.-Ing. Architekt Ulrich Fritsch in München ein methodisches Instrument zur "Gesamtheitlichen Optimierung von Baukosten", kurz "GOBau", entwickelt.

FRÜHZEITIGE AUSSAGEN ÜBER DIE KOSTEN

Da in der Vorplanungs- und Entwurfsphase das Optimierungspotenzial am höchsten ist und hier die Richtung für die in späteren Phasen auftretenden, nicht mehr veränderbaren Nutzungsleistungen und - kosten vorgegeben wird, setzt "GOBau" bereits zu diesem Zeitpunkt an. Durch Simulationen und die Darstellung der Auswirkungen von Planungsentscheidungen auf die Kosten erlaubt "GOBau" verlässliche Aussagen über das Verhalten einzelner Bauteile bis hin zum gesamten Objekt und über die dabei entstehenden Kosten von der Erstellung des Gebäudes bis zum Abriss. Auf diese Weise erhalten der Bauherr oder Investor sowie der Planer bereits zu diesem frühren Zeitpunkt eine Vorstellung über die qualitative Ausstattung und die zu erwartenden Lebenszykluskosten sowie über die Kostenverteilung innerhalb des untersuchten Objekts. Die Gegenüberstellung der Kosten, die von unterschiedlichen Bauteilqualitäten verursacht werden, zeigt zudem mögliche Entscheidungsalternativen und Optimierungsmöglichkeiten auf.

Grundlage ist ein projektneutraler Datenpool, dessen Daten die einzelnen an einer Bauteil-Qualität auftretenden Ausführungsleistung während der Bauerstellung, Nutzung und Demontage in Form von so genannten Stamm-Positionen in Stamm-Leistungsverzeichnissen beschreiben. Auf dieser Basis sind auch die Kostenwerte ermittelt. Unter Berücksichtigung der Informationen zur Lebensdauer, der Anwendungsintervalle der einzelnen Baunutzungsleistungen - beispielsweise Reinigungshäufigkeit - werden diese detaillierten Ausführungsinformationen und Kostenaussagen auf Bauteilebene verdichtet. Die Stammdaten und die darauf basierenden Projektdaten lassen sich außerdem in unterschiedliche Kostenstrukturen umsortieren. Sie können gebäudeorientiert, bauteilorientiert, normenorientiert sowie ausführungs- und vergabeorientiert dargestellt werden. Auf diese Weise werden die Lebenszykluskosten der einzelnen Bestandteile eines Objektes oder des gesamten Objektes transparent und unter verschiedenen Aspekten darstellbar.

"GOBau" gestattet jedoch nicht nur eine Prognose der künftigen Nutzungskosten, sondern auch ein durchgängiges Kosten- und Leistungscontrolling in jeder Phase im Lebenszyklus eines Gebäudes. Die strukturierte Erfassung, Fortschreibung und Darstellung der  verschiedenen Bauteilqualitäten eines Objekts unabhängig vom Erfassungszeitraum und der Erfassungstiefe in einem räumlichen Gebäudemodell ist eine weitere Grundlage für die "Gesamtheitliche Optimierung von Baukosten". Erfolgte vor der Gebäudenutzung die Erfassung unter Verwendung eines Objektneutralen Datenpools aus Leistungs- und Qualitätsbeschreibungen und zugehörigen Kostenkennwerten, so wird das Gebäudemodell während der Nutzungsphase mit den realen Objektinformationen - Leistungsbeschreibungen und Vertragskosten - aktualisiert. Auf diese Weise kann das Projektkostencontrolling fortgeführt werden. Darüber hinaus erlauben die durchgängigen Strukturen einen direkten Kostenvergleich in den verschiedenen Lebensphasen von Objekten und dienen gleichzeitig als Rückgrat für Projektauswertungen und Kostenkennwertbildung.

SOFTWARE-INSTRUMENTE

"GOBau" umfasst die fachliche Methode und notwendigen Grundlagen für die bauteilorientierte Bewertung der Lebenszykluskosten von Bauwerken. Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist die Umsetzung der Grundlagen in geeignete Softwareinstrumente und damit die Schaffung von Anwendungsplattformen. Software-Instrumente sind eine Raumbuch-Software mit Schnittstellen zu Kostenplanungs- und Ausschreibungsmodulen sowie MS-Excel. Die Raumbuchsoftware dient zum Aufbau des Gebäudemodells mit Qualitätsbeschreibungen der Bauteile und Kostenbewertung der Qualitäten, zur Darstellung der Kosten in variablen Kostengliederungen und zur Weiterverarbeitung der Bauteilinformationen in ausführungs- und vergabebezogenen Strukturen. Mit MS-Excel können die weiteren Lebenszykluskosten ausgewertet und dargestellt werden, die Kennwerte auf unterschiedlichen Feinheitsstufen gebildet und die Gesamtkostenbilanzen unterschiedlicher Bauteilqualitäten vergleichend gegenübergestellt werden.

Die Jury des Innovationspreises für das Planen, Bauen, Managen und Finanzieren von Immobilien wertete  "GOBau"  als einen Beitrag, der "über den Tellerrand hinaus, im Zusammenhang und in die Zukunft denkt". "GOBau" fasse die wesentlichen Informationen über ein Gebäude umfassend und strukturiert zusammen, berücksichtige, dass das Optimierungspotenzial bei den Nutzungskosten in der Planungsphase am höchsten ist, und biete schließlich die Möglichkeit, die Kosten regelmäßig aktualisiert zu erfassen und den Gebäudebetrieb auch bei Nutzungsänderungen kontinuierlich zu optimieren. Mit dieser Begründung sprach die Jury dem IBF IngenieurBüro Fritsch für die "Gesamtheitliche Optimierung von Baukosten "GOBau"" den Geldpreis in der Kategorie Managen zu. Der Innovationspreis wurde von der Fachzeitschrift IMMOBILIEN MANAGER und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung im Jahr 2000 bereits zum vierten Mal ausgelobt und im November verliehen.

 

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